Wenn Mitarbeiter des Jobcenter an der Wohnungstür klingeln, fragen sich Bürgergeld-Empfänger unweigerlich: “Dürfen die das eigentlich?” 

Derzeit leben in Deutschland über 5 Millionen Menschen, die Bürgergeld beziehen. Dafür müssen die Betroffenen ihre Einkommensverhältnisse ebenso offenlegen wie ihre individuelle Lebenssituation. Das ist unangenehm genug.

Wenn dann jedoch noch Mitarbeiter zu Hause vorbeikommen, fühlen sich Bürgergeld-Empfänger unwohl. Auch wenn sie nichts zu verbergen haben, stellt sich die Frage, wann ein solcher Hausbesuch gerechtfertigt ist.

Wir sind dieser Frage auf den Grund gegangen und erklären in unserem Artikel, in welchen Fällen das Jobcenter einen Hausbesuch machen darf und welche Rechte Bürgergeld-Empfänger dabei haben.

Warum macht das Jobcenter überhaupt Hausbesuche?

Nachdem man beim Antrag auf Bürgergeld ohnehin alles offengelegt hat, erschließt sich der Grund für einen Hausbesuch vielleicht nicht auf den ersten Blick.

Doch sobald der Antragsteller nicht allein in der Wohnung lebt, hegen viele Mitarbeiter den Verdacht, dass es sich am Ende nicht um eine herkömmliche Wohngemeinschaft, sondern um eine Bedarfsgemeinschaft handelt.

In manchen Fällen werden Hausbesuche durch das Jobcenter aber auch anberaumt, um die Meldeadresse des Bürgergeld-Empfängers zu überprüfen und einem Sozialbetrug vorzubeugen.

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Unterschied Wohn- und Bedarfsgemeinschaft

Familien mit Kindern oder Paare gelten als Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 3 SGB II). Aber auch Personen, die anderweitig miteinander verwandt sind, können als solche gelten. Daraus ergibt sich auch die Tatsache, dass diese Personengruppe gemeinsam haushaltet und füreinander einsteht. Das bedeutet salopp gesagt: Einer für alle und alle für einen.

Wichtig: Wer als Paar in einer Wohnung lebt und Bürgergeld bezieht, gilt vor dem Gesetz (und damit auch vor dem Jobcenter) erst nach einem Jahr des Zusammenlebens als Bedarfsgemeinschaft. Oder bereits früher, wenn die Partner jeweils über das Geld oder das Vermögen des anderen frei verfügen dürfen.

Bei einer Wohngemeinschaft hingegen verhält es sich anders. Hier gibt es keine gemeinsame Haushaltskasse und die WG-Mitglieder sind nicht miteinander verwandt.

Aber Vorsicht: Gerade gute Freunde, die sich aus Kostengründen eine Wohnung teilen, neigen oftmals dazu, ihr Haushaltsgeld in einen Topf zu werfen. Dann handelt es sich aber nicht mehr um eine Wohngemeinschaft, sondern um eine Haushaltsgemeinschaft.

Generell gilt sowohl bei Wohn- als auch bei Haushaltsgemeinschaften: Die Verteilung der Mietkosten wird geprüft.

Wenn das Jobcenter an der Haustür klingelt …

… muss es laut § 20 SGB X einen hinreichenden Verdacht haben, dass die Angaben zur Wohnsituation im Bürgergeld-Antrag nicht ganz zutreffend sein könnten.

Bürgergeld-Empfänger haben im Normalfall das Recht auf eine Ankündigung des Hausbesuches.

Geregelt ist das in einer internen Weisung der Agentur für Arbeit (§ 6 SGB II).

Aus dieser Weisung geht jedoch auch hervor, dass das Jobcenter unangemeldete Hausbesuche machen darf, wenn “eine Ankündigung den Zweck des Besuches vereiteln würde”.

Das bedeutet im Klartext: Hat das Jobcenter einen begründeten Verdacht, dass zum Beispiel der Bürgergeld-Empfänger gar nicht unter der angegebenen Adresse lebt, darf es auch unangemeldet vorbeischauen, um diesen Sachverhalt zu überprüfen.

Bürgergeld-Empfänger und ihr Recht beim Hausbesuch

Ob nun angekündigt oder nicht: Bürgergeld-Empfänger haben das Recht, den Jobcenter-Mitarbeitern den Zutritt zu ihrer Wohnung zu verweigern. Dieses Grundrecht ist im Artikel 13 des Grundgesetzes nachzulesen.

Die Mitarbeiter des Jobcenters müssen den Bürgergeld-Empfänger über dieses Recht, aber auch die Folgen eines verweigerten Zutritts hinreichend aufklären.

Allerdings kann das unter Umständen Folgen haben, denn bei hinreichendem Verdacht kann das Jobcenter den Vorgang auch an die Polizei weiterleiten. Diese wird dann mit einem Durchsuchungsbeschluss kommen, um gemeinsam mit dem Jobcenter den Sachverhalt vor Ort zu klären.

Was Jobcenter-Mitarbeiter beim Hausbesuch dürfen und was nicht

Grundsätzlich gilt: Nur weil Bürgergeld-Empfänger dem Jobcenter gestatten, die Wohnung zu betreten, dürfen die Mitarbeiter nicht ungefragt jede Schublade oder Schranktür öffnen. Es ist und bleibt ein Hausbesuch, keine Hausdurchsuchung!

Zudem haben Empfänger von Bürgergeld das Recht, den Hausbesuch zu beenden, sobald sie ihre Intimsphäre bedroht sehen.

Die Mitarbeiter des Jobcenters müssen stets die Verhältnismäßigkeit wahren. Wenn es also beispielsweise nur um die Überprüfung geht, ob es eine Bedarfsgemeinschaft ist oder nicht, wird der Blick in den Wäschekorb oder den Kühlschrank ebenso unerheblich sein.

Absolut tabu sind zudem Befragungen von Minderjährigen oder Nachbarn sowie die Sichtung von Video- und Fotomaterial. Letzteres ist nur in absoluten Ausnahmefällen erlaubt. Und auch nur, wenn die Bürgergeld-Empfänger dem zustimmen.